6. Kammerkonzert
Mozart / Glière / Schulhoff / Kodály
Beschreibung
Wolfgang Amadeus Mozart
Duett Nr. 1 in G-Dur KV 423 für Violine und Violoncello
Reinhold Glière
8 Stücke op. 39
Erwin Schulhoff
Duett für Violine und Violoncello
Zoltán Kodály
Duett für Violine und Violoncello op. 7
Die beiden gefragtesten Instrumente der Streicherfamilie, Geige und Cello, treten hier gleichsam für einen Schlagabtausch »ohne Nebengeräusche« in den Ring. Eigentlich merkwürdig, dass es vergleichsweise wenig Literatur für diese so klassisch erscheinende Kombination gibt. Umso mehr haben es die vier Stücke dieses Kammerkonzerts in sich: Mozart hatte gerade seine Constanze geehelicht und wollte sie seiner Familie in Salzburg vorstellen – wir schreiben das Jahr 1783 –, da hörte er vom Dilemma eines alten Freundes: Michael Haydn, jüngerer Bruder von Joseph, sollte für Erzbischof Colloredo noch zwei Duette für Geige und Bratsche schreiben, lag aber krank darnieder. Mozart, der sich sechs Jahr zuvor selbst aus der Drangsal von Colloredos Diensten befreit hatte, sprang ein und warf die beiden »Schuld-Stücke« aufs Papier. Dabei kopierte er Michael Haydns Stil so lupenrein, dass der Erzbischof den »Betrug« nicht bemerkte. Die Geigerin Viviane Hagner und ihre Partnerin am Cello, Marie-Elisabeth Hecker, haben das Mozart-Duett gleichsam als Anker ausgeworfen, um ihm Korrespondenzwerke aus östlichen Ländern und jüngeren Zeiten wirksam gegenüberzustellen. Etwa von Zoltán Kodály – er untersuchte und sammelte wie sein berühmterer Landsmann Béla Bartók zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts die Volksweisen seiner ungarischen Heimat und machte sie sich zueigen, etwa in dem 1914 entstandenen Duett op. 7. Hierzulande noch weniger geläufig ist die Musik von Reinhold Glière, dem Sohn eines erzgebirgischen Hornmachers, der sich in Kiew niedergelassen hatte. Er – der Sohn – war nicht nur Komponist, sondern ein begnadeter Geiger und Musiker. Als solcher berief man ihn 1920 zum Direktor des renommierten Moskauer Konservatoriums. Als er 1909 die acht Duette für Violine und Violoncello op. 39 schrieb, war er noch als Lehrer am Gnessin-Institut tätig. Daher liegt die Vermutung nahe, dass es sich dabei um Unterrichtswerke handelt, die jedoch weitaus mehr zu bieten haben als bloß den spröden Charme von »Etüden«. Der vierte im Bunde, Erwin Schulhoff, stammte aus Prag, verdankte seine gute Ausbildung nicht zuletzt Antonín Dvořák, studierte aber auch bei Reger und Debussy. Er war ein hervorragender Pianist und wurde eine der schillerndsten Figuren der Avantgarde in den 1920er-Jahren, etwa in Dresden, wo er eine Konzertreihe mit Werken der Zweiten Wiener Schule ins Leben rief. Schulhoff experimentierte mit Dadaisten und Kubisten und wandte sich als einer der ersten dem Jazz zu – kein Wunder, dass ihn die Nazis zur »entarteten Musik« zählten. Da er außerdem Jude und ab 1941 sowjetischen Staatsbürger war, verhafteten sie ihn in Prag. Sein tragischer Tod im KZ Wülzburg 1942 begrub gleichsam auch sein Œuvre für lange Zeit, so auch das 1926 entstandene Duett, das den expressiven Reichtum und die große Originalität seiner Musik zeigt.